Fakten zu MoVe35 – Barrierefreiheit und Verkehrssicherheit

Barrierefreiheit

Alle Marburger*innen sollen die Möglichkeit haben, in der Stadt selbstständig mobil zu sein, unabhängig von Alter oder Lebenslage oder von körperlichen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Worum geht es?

Mobilität bedeutet gesellschaftliche Teilhabe. Die Teilnahme am Arbeitsleben, der Zugang zu Bildungs-, Einkaufs- und Versorgungseinrichtungen sowie die Möglichkeit, kulturelle, soziale und gesellschaftliche Angebote zu nutzen, hängen wesentlich davon ab, dass die Bewohner*innen in Stadt und Region selbstständig mobil sein können. Barrierefreiheit bezieht sich dabei nicht nur auf bauliche Gegebenheiten, sondern beinhaltet auch Führungs- und Leitsysteme sowie den uneingeschränkten Zugang zu mobilitätsrelevanten Informationen.

Gut zu wissen

Das Planungsprinzip „Design for all“ stellt einen ganzheitlichen Ansatz zum Abbau von Barrieren dar. Ziel ist es, dass alle Verkehrsteilnehmenden den Verkehrsraum nutzen können, unabhängig von physischen, psychischen und kognitiven Voraussetzungen oder kulturellen, sprachlichen sowie sozioökonomischen Hintergründen. Auch temporäre Einschränkungen, wie durch mangelnde Ortskunde, Gepäck, Kleinkinder, Schwangerschaft und Krankheit, sollen dabei Berücksichtigung finden.

Wie ist die Situation heute?

Die vielen Höhenunterschiede sowie enge Gassen mit historischen und geschützten Oberflächen machen eine barrierefreie Umgestaltung in Marburg zu einer anspruchsvollen Aufgabe. Die Stadt hat bereits einige Verbesserungen zum Abbau von Barrieren umgesetzt, vor allem in Bezug auf Verkehrsteilnehmende, die in ihrer Sehkraft eingeschränkt sind. So sind bereits viele Querungsstellen und Kreuzungen in der Kernstadt barrierearm, in Teilen auch vollständig barrierefrei umgestaltet worden. Auch die Oberstadt ist durch mehrere Aufzüge bereits barrierefrei erschlossen. In den Außenbereichen sind bezüglich der nutzbaren Breite der Fußwege sowie hinsichtlich deren Berollbarkeit, also der Nutzbarkeit mit Rollstühlen oder Rollatoren, jedoch weiterhin Defizite vorhanden. Für Nutzer*innen des öffentlichen Verkehrs ermöglichen alle im Regelbetrieb eingesetzten Fahrzeuge einen barrierefreien Zustieg (Niederflursystem). 21 Prozent der 220 Haltestellen sind ganz beziehungsweise teilweise barrierefrei ausgebaut.

Was soll getan werden?

MoVe 35 beinhaltet zum einen aktive Maßnahmen, bei denen die Herstellung der Barrierefreiheit im Vordergrund steht. Allerdings ist hier aufgrund des hohen Aufwandes und der hohen Kosten eine Priorisierung notwendig. Zum anderen sollen bei allen zukünftigen Straßenbauprojekten begleitende Maßnahmen umgesetzt werden, durch die ein hohes Maß an Barrierefreiheit erreicht und sichergestellt werden kann. Um die begrenzten zeitlichen und finanziellen Ressourcen zielführend einzusetzen, soll ein Prioritätennetz Barrierefreiheit entwickelt und umgesetzt werden. Im Rahmen von anstehenden Straßenbauarbeiten (Kanalsanierungen, Deckensanierungen, Radwegeneubau usw.) sollten auch barrierefreie Elemente nachgerüstet werden. Vor allem dort, wo viele Menschen zu Fuß unterwegs sind, sollten Bereiche gezielt barrierefrei umgebaut werden. Zusätzlich sollen Achsen ausgebildet werden, die vollständig barrierefreie Verbindungen ermöglichen. Die Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr nimmt im parallel zu MoVe 35 aufgestellten Nahverkehrsplan der Universitätsstadt Marburg einen wichtigen Stellenwert ein. In ihm wird – basierend auf einer im März 2021 durchgeführten Bestandsaufnahme – ein Ausbauplan für die Teilsysteme Haltestellen, Fahrzeuge sowie Information und Ticketing erstellt und nachfolgend sukzessive umgesetzt. Die Belange von auf ein barrierefreies Verkehrssystem angewiesenen Bürger*innen sind vielfältig. Gleichzeitig ist das Thema Barrierefreiheit ein Querschnittsthema, welches viele Fachdienste der Stadt Marburg betrifft. Eine gute Abstimmung ist ebenso wichtig wie der Einbezug der Perspektive der Betroffenen. Der bereits bestehende runde Tisch zu Verkehrsprojekten soll daher als Runder Tisch Barrierefrei mobil weitergeführt werden.

Verkehrssicherheit

Wer in Marburg mobil ist, soll sicher unterwegs sein und sich dabei auch sicher fühlen. Gefahrlos nutzbare Verkehrswege und ein rücksichtsvolles Miteinander sollen dafür sorgen, dass niemand im Verkehr getötet oder schwer verletzt wird.

Worum geht es?

Verkehrsunfälle mit Personenschaden verursachen volkswirtschaftliche Schäden, vor allem aber rufen sie großes persönliches Leid für alle Betroffenen hervor. Die Vermeidung von Unfällen gehört daher zu den wichtigsten Aufgaben der Verkehrsplanung.

Gut zu wissen

Niemand soll im Verkehr getötet oder schwer verletzt werden: Dies ist der Kern der „Vision Zero“. Aus ihr entsteht die Verpflichtung, Maßnahmen der Verkehrssicherheit mit oberster Priorität umzusetzen, um die Zahl der Toten und Verletzten im Straßenverkehr langfristig auf null zu reduzieren.

Wie ist die Situation heute?

Die Kernstadt und die Hauptverkehrsstraßen Marburgs bilden Unfallschwerpunkte für alle Verkehrsmittel. Während das Unfallaufkommen im Pkw-Verkehr besonders hoch ist, sind es vor allem Fußgänger*innen und Radfahrer* innen, die bei Unfällen zu Schaden kommen. Die Angst vor Unfällen kann auch das Mobilitätsverhalten beeinflussen und zu einem Hemmnis zur Verkehrsteilnahme werden, insbesondere im Bereich des Fuß- und Radverkehrs.
Wer besser sieht, kommt sicherer ans Ziel – und alle anderen auch. Als Grundlage für die Umsetzung des Maßnahmenprogramms „Freie Sicht“ sollen zur Verbesserung der Sichtbeziehungen Potenzialabschnitte im Stadtgebiet auf kritische Verkehrssituationen überprüft werden.

Was soll getan werden?

Der Schwerpunkt liegt auf der Umgestaltung der Infrastruktur: Sie soll eine sichere Mobilität für alle Verkehrsteilnehmer* innen ermöglichen. Daneben soll durch geeignete Maßnahmen das rücksichtsvolle Miteinander im Verkehr verbessert werden. Straßen und Kreuzungen sollen so umgebaut werden, dass bessere Sichtbeziehungen entstehen. Verringerte Geschwindigkeiten sollen dabei helfen, Unfälle zu vermeiden. Netzergänzungen für den Radverkehr, die Vereinfachung von Kreuzungen, ausreichende und sichere Querungsmöglichkeiten insbesondere entlang stark befahrener Hauptverkehrsstraßen sowie Sicherheitsaudits bei der Planung von Neu- und Umbaumaßnahmen sollen ebenfalls dazu beitragen, dass die Marburger*innen in Zukunft sicher mobil sind. Durch Kampagnen und andere öffentlichkeitswirksame Aktionen soll für mehr Rücksichtnahme im Verkehr geworben und gleichzeitig die Kenntnis zu Regeln und Gefahren im Straßenverkehr verbessert werden. Ein besonderer Fokus liegt auf sicheren Schulwegen von Kindern und Jugendlichen. Die Straßen entlang von Schulwegen sollen stärker an die Bedürfnisse und Möglichkeiten von Kindern angepasst werden, um eine nachhaltige und kinderfreundliche Mobilität zu ermöglichen.

Was ist die Schlüsselmaßnahme?

Die Geschwindigkeitsreduzierung von Fahrzeugen ist besonders wirksam, um zugleich Unfälle zu verhindern und die Schwere nicht verhinderbarer Unfälle zu reduzieren. Denn zum einen verkürzen niedrigere Geschwindigkeiten Brems- und Reaktionswege: Nach Erkennen eines Unfallrisikos haben Verkehrsteilnehmer*innen mehr Zeit, auszuweichen oder zu bremsen, und sie kommen schneller zum Stillstand. Zum anderen bewirken niedrigere Geschwindigkeiten auch geringere Aufprallkräfte, so dass Unfälle mit weniger schweren Folgen für Mensch und Material enden. Beides nutzt insbesondere Fußgänger*innen und Radfahrer* innen, die im Verkehr besonders verletzlich sind: Während 30 km/h anstelle von 50 km/h in der Stadt nur geringe Zeitverluste für Autofahrer*innen bedeuten, sinkt für Fußgänger*innen die Wahrscheinlichkeit, bei einem Unfall zu sterben oder schwer verletzt zu werden, um mehr als das Vierfache. Niedrigere Geschwindigkeiten stärken zudem das Sicherheitsgefühl im Straßenraum.

Hinweis: Dieser Text ist den von der Stadt Marburg erstellten „Fact sheets“ zum 2023 durchgeführten Info-Markt zu MoVe35 entnommen (https://www.marburg.de/portal/seiten/move-35-marburg-bewegen-900002325-23001.html ). Die „Fact Sheets“ enthalten zusätzlich Grafiken und Bilder zur Verdeutlichung.